Forum Baukulturverantwortliche

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Von der Baukulturvermittlung bis zur Neuausrichtung der Raumordnung: Ein ganzes Bündel an Maßnahmen ist zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Baukultur in Österreich dringend notwendig.

Mehr als 40 Entscheidungsträger aus den Bauverwaltungen der Bundesländer trafen einander Anfang Oktober 2012 zum „Forum Baukulturverantwortliche“ in Wien. Als Gastgeber fungierte die Magistratsabteilung 19 „Architektur und Stadtgestaltung“ der Stadt Wien. Ziel der Veranstaltung: die baukulturelle Entwicklung in ganz Österreich voranzutreiben. „Diese österreichweite Koordination ist enorm wichtig, um die Baukultur auch von Seiten der Verwaltung bestmöglich in der Gesellschaft zu verankern“, erläutert Franz Kobermaier, Leiter der MA 19.

Ziel verantwortungsbewusster Verwaltungen muss es sein, einerseits die Bauherren auf kommunaler Ebene zu stärken, in dem man ihnen baukulturelle „Hilfe zur Selbsthilfe“ sowie nachvollziehbare Informationen anbietet. Andererseits gilt es auch, Bürgermeistern und kommunalen Entscheidungsträgern Argumente zu vermitteln, mit denen sie ihrer baukulturellen Verantwortung überzeugend nachkommen können. Denn Baukultur zielt immer auf die Steigerung der Lebensqualität in einer Gemeinde, in einer Stadt ab. Die Verwaltung muss den Bürgern aufzeigen, wie sich durch ein qualitätvolles Bauprojekt oder eine Freiraumgestaltung, eine Gemeinde oder eine Stadt positiv entwickeln kann.

Das von LandLuft organisierte Treffen findet nächstes Jahr in der LandLuft Baukulturgemeinde Zwischenwasser (Vlbg.) statt.

Beeinflussbarkeit gebauter Umwelt schon den Kindern vermitteln!

Damit diese Vermittlungsarbeit langfristig auf fruchtbaren Boden fällt, müsse, so die Überzeugung der Baukulturexperten, möglichst früh und spielerisch damit begonnen werden, Kenntnisse über den gebauten und gestalteten Lebensraum, über Raumwirkung und die damit verknüpfte Verantwortung zu vermitteln. „Das Erkennen von Baukultur will gelernt sein“, ist Karl Amtmann, Baubezirksleiter aus Hartberg in der Steiermark und einer der beiden Initiatoren des Forum Baukulturverantwortliche, überzeugt. Er selber nimmt das sehr ernst und vermittelt in Hartberg den Kindern in der Schule Raumwahrnehmung. „Bereits im Kindergarten und in der Schule muss die Gestaltbarkeit und Beeinflussbarkeit von gebauter Umwelt erlebbar werden. Die Kinder von heute sind die Bauherrn von morgen. Sie sollen Bürgerinnen und Bürgern werden, die von Räumen, Häusern und Plätzen mehr fordern als die reine Zweckerfüllung.“

Vertragsraumordnung zur planungspolitischen Grundlage machen

Ein zentrales Thema der Tagung war die Kompetenzverteilung in der Raumordnung. Vielfach wurde und wird die faktisch sehr hohe Autonomie der Gemeinden beklagt und als Mitgrund für die österreichweit problematische Siedlungsentwicklung gesehen. Gerade Flächenwidmungen unterliegen oft persönlicher Befangenheit, kommunalpolitischen Egoismen oder dem Hickhack der Gemeindepolitik anstatt sachlichen Argumenten. Wichtiges Ziel für die Zukunft muss es sein, dass regional bedeutsame Entscheidungen der örtlichen Raumplanung nicht mehr nur auf Ebene der Gemeinden, sondern verstärkt auf Ebene der Regionen, der Länder oder auch des Bundes getroffen werden.

Ein weiterer wesentlicher Faktor für die künftige Siedlungsentwicklung kann die Vertragsraumordnung werden. „Baukultur kann nicht mit roten Linien im Flächenwidmungsplan festgeschrieben werden, sondern definiert sich durch Qualitäten auf baulicher und Freiraumebene. Diese müssen in einem Vertrag festgelegt werden, der auch bei einem Weiterverkauf eines Grundstücks wirksam bleibt.“ so Christoph Chorherr, der als Stadtrat ein Impulsreferat gehalten hat und viel Lob erntete. Die Baukulturverantwortlichen forderten, diese noch nicht sehr übliche Praxis verstärkt in Österreich zu etablieren, um eine höhere Verbindlichkeit der Planung zu erzielen. Weiters stellt er neue Intentionen für Einkauf und Handel in Wien vor. Widmungen neuer Flächen sollen zukünftig nur dann vorgenommen werden, wenn über den Handelsflächen eine andere Nutzung aufgesetzt wird.

Baukulturreport als wichtige Grundlage

Beim Forum wurde auch der aktuelle Baukulturreport 2011 des Bundeskanzleramtes präsentiert. Er zeigt die Kernpunkte einer zukünftigen Baukultur-Entwicklung auf, speziell was die Bereiche Nachhaltigkeit, Bildung, Baukulturvermittlung, kommunales Bauen und Raumplanung betrifft, die auch für die konkrete Arbeit vor Ort relevant sind. In den nächsten Monaten werden weitere Spezialveranstaltungen in den einzelnen Bundesländern stattfinden, um die Inhalte des Baukulturreports zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen.