13 Baukultur Thesen

Mit jeder Bauaufgabe, mit jedem gestalterischen Eingriff in ein Dorf eröffnet sich eine Reihe von Chancen, die es von den Verantwortlichen (Politiker*innen, Unternehmern, Privatpersonen, …) wahrzunehmen gilt. Vorbildlich gelebte Baukultur verwertet diese Chancen bestmöglich – dadurch profitieren die Dörfer und die dort lebenden und arbeitenden Menschen. Wenn nun also die Frage gestellt wird, was Baukultur bringt und wie eine Gemeinde von ihr profitieren kann, so sei auf soziale, ökonomische, ökologische und gestalterische Aspekte ebenso verwiesen wie auf Fragen der Lebensqualität, des Images eines Ortes bis hin zur Organisation von Verkehr.

LandLuft hat dazu dreizehn Thesen entwickelt, die das breite Themenfeld von Baukultur aufzeigen. Eines kann vorweg gesagt werden: „Baukultur ist watscheneinfach!“ und das ist gut so, denn dadurch sollte einer Nachahmung von positiven Beispielen nichts im Weg stehen.

Baukultur machen Menschen wie du und ich
Baukultur ist kein abgehobenes Anliegen von Experten, sondern entsteht dort, wo Menschen aktiv die Gestaltung ihres Lebensraumes in die Hand nehmen – im Idealfall entstehen Projektteams von Betroffenen, Experten*innen und politisch Verantwortlichen, die in Summe eine hohe Lösungskompetenz für die Gestaltungsfragen des eigenen Umfeldes mitbringen.

Baukultur rechnet sich
Baukultur rechnet sich auf unterschiedliche Weise. Durch eine schlaue Analyse des künftigen Nutzungsverhaltens sowie durch ein durchdachtes Raumprogramm lassen sich bei den Baukosten Einsparungseffekte erzielen. Die künftigen Betriebskosten fallen durch eine gewissenhafte Planung und durch hohe bautechnische Standards geringer aus als bei konventionellen Gebäuden. Baukultur schafft zudem einen finanziell schwer quantifizierbaren Mehrwert durch zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten bzw. Umwegrentabilitäten, durch PR- und Marketingeffekte, durch eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität in Gebäuden und öffentlichen Räumen.

Baukultur schafft Freunde
Baukultur entsteht in Entscheidungsfindungs-Prozessen zwischen den Beteiligten, die eine hohe Qualität in Bezug auf das gemeinsame Gespräch voraussetzen. Diskussion, gemeinsame Willensbildung und der Interessensausgleich, ausgelöst durch Baukultur–Projekte, schaffen ein gutes Klima im Dorf auf Basis einer forcierten Dialog-Intensität der Bürger*innen untereinander.

Baukultur macht Freude
Erfolgreich umgesetzt bereitet Baukultur den am Entstehungsprozess Beteiligten und den Nutzer*innen Freude. Positives Feedback von außen wie von innen, Auszeichnungen, Preise oder Berichterstattung in den Medien lösen im Normalfall ein Gefühl von Stolz aus, das auch zu einer höheren Identifikation und einer größeren Zustimmung zum eigenen Lebensort führt.

Baukultur schafft Werte
Baukultur schafft Werte – sowohl auf materieller als auch auf ideeller Ebene. Materiell schlägt sich Baukultur durch eine höhere Qualität von Gebäuden, Räumen und Plätzen nieder, die zu einer längeren Nutzungsdauer, zu einer geringeren Umbautätigkeit und zu einem reduzierten Wartungsaufwand führt. Ideell wirkt sich Baukultur aus, indem Bürger*innen Räume, Gebäude und Plätze häufiger und motivierter nutzen, neue Nutzungsmöglichkeiten entstehen, sie sich mit ihrem gebauten Umfeld besser identifizieren und dieses folglich in ihren Alltag mehr einbeziehen.

Baukultur bringt Lebensqualität
Die hohe Qualität, die Baukultur in der Gestaltung des eigenen Lebensraumes auslöst, wirkt sich positiv auf die subjektive Wahrnehmung der Lebensqualität durch Bürger*innen aus. Die Teilnahme an der Entscheidungsfindung und an Gestaltungsfindungs-Prozessen verstärkt dieses Gefühl.

Baukultur macht klimafit
Baukultur berücksichtigt – ganz nebenbei – viele Aspekte des Klimaschutzes. Beispielsweise erzeugen minimierte Bodenversiegelung, Gebäudebegrünung sowie durchdachte öffentliche Räume in Orten und Städten ein lebenswertes Mikroklima. Ohne finanzielle Mehrbelastung werden richtige Standortwahl, innovative Zentrumsbelebung und neue Mobilitätskonzepte zu Maßnahmen, um für die Herausforderungen des sich wandelnden Klimas gerüstet zu sein.

Baukultur schafft regionale Wertschöpfung
Baukultur nutzt das Know-how und handwerkliche Potenzial des regionalen Umfeldes stärker, als dies bei Standardlösungen der Fall ist. Baukultur nimmt auch auf regionale handwerkliche Traditionen und Bautechniken einen stärkeren Bezug.

Baukultur bringt Zukunftsperspektiven
Baukultur-Projekte schaffen Raum für Zukunft, indem sie mehr Nutzungs- und Entwicklungsmöglichkeiten einräumen und zu Innovation anregen. Durch eine bessere Vernetzung der Bürger*innen und eine offene Gesprächskultur erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für neue, innovative Wege in die Zukunft.

Baukultur ist maßgeschneidert
Baukultur bringt Lösungen, die individuell auf die Bedürfnisse der Nutzer*innen eingehen, die stark mit dem regionalen Umfeld und den örtlichen Traditionen verwurzelt sind. Baukultur interpretiert Bestehendes neu und setzt sich mit der (globalen) Gegenwart auseinander.

Baukultur macht Sinn
Baukultur-Projekte sowie realisierte Baukultur-Objekte sind sinn- und identitätsstiftend, weil sie durch ihren Entstehungsprozess ein Teil der Gemeinschaft sind bzw. weil sie aufgrund ihres individuellen Eingehens auf die Nutzer*innenbedürfnisse und der daraus resultierenden verstärkten Nutzung Teil der Dorfidentität werden.

Baukultur fällt einem nicht in den Schoß
Baukultur ist das Produkt von „Bürger*innenbeteiligung“ sowie Einbindung von Experten*innen in politische Entscheidungsprozesse und verursacht aufgrund ihrer prozesshaften Arbeitsweise einen gewissen „Aufwand“. Das Gegenteil davon ist der intransparente Beschluss, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit geplante Projekt.

Neugier macht Baukultur (möglich)
Baukultur setzt Neugier voraus, durch Baukultur entsteht Neugier.